Resultados das Copas Caipirinhas

Marx und Engels waren blau. Beziehungsweise schwarz-rot-gold und blau. Irgendwie schienen sie es für eine gute Idee zu halten, sich mit einem Deutschland-Schal je eine ihrer beiden Hände aneinander zu knoten und mit der anderen Pitcher-Burrito zu spielen. "Ist Dir schon mal aufgefallen, dass es extrem schwierig ist, ein Burrito unfallfrei zu essen, während eine Deiner beiden Hände an eine andere Hand gefesselt ist und Du ein Pitcher in einer Minute exen musst?" fragte Marx noch erstaunlich verständlich. Er schien etwas irritiert dreinzuschauen, weil Engels sofort mit den Augen rollte und antwortete "Offensichtlich nicht! Stand wahrscheinlich noch nicht im Architekturmagazin ... Bourgeois, dreckiger!" Er reagierte nicht auf die schon habituellen Beschimpfungen von Engels' Seiten. Beide wussten, dass er es nicht so meinte. Schließlich war auch er regelmäßiger Gast in der VIP-Lounge des örtlichen Fußballvereins. "Für Feindstudien", wie er es nannte. Um zum Burrito zurück zu kommen, war er ehrlich gesagt nicht sicher, ob Marx überhaupt etwas davon in den Magen bekommen hatte, so wie sein Bart aussah. Er bestellte sich erstmal einen Mai Tai und ein Kommunistisches Manifest.

Im Fernseher lief gerade eine Sondersendung zum letzten Spieltag in der Copa Caipirinha, einer dieser aufsteigenden Hipster-Ligen, die jetzt wie Pilze aus dem Boden schossen. Eigentlich war er eher ein Hipster-Verachter, aber hey, selbst Marx und Engels hatten sich stattliche Bärte wachsen lassen und redeten davon, sich nicht mehr Tag und Nacht ausbeuten lassen zu wollen und erstmal ein bisschen downzuslowen und sich auf die guten alten Dinge zu besinnen. Wie Pitcher-Burrito. Jeden zweiten Tag. Weil am anderen Kopfschmerzen wegchillen angesagt war. Angeblich arbeiteten sie währenddessen an der Weltrevolution, aber das hatten sie mit jedem zweiten Bewohner dieses Viertels gemeinsam. Nicht dass das irgendwo in den Chefetagen des Kapitals Angst verbreitet hätte. "Alles andere ist egal, aber wir brauchen unbedingt Mais in unserem nachrevolutionären Staat!" sagte Marx, "Ohne Mais keine Burritos, capiche?" - "Und diese TexMex-Gaucho-Chilli-Sauce nach dem Rezept aus der Grillbeilage des Architekturmagazins!" ergänzte Engels. Wenn er sie so hörte, waren sie eigentlich schon in ihrem Utopia angekommen, hier in der ganz realen Eckkneipe im ganz realen Hipsterviertel. Er versuchte sich auf die Spielstände zu konzentrieren, die jetzt von der sehr strandmäßig bekleideten Blondine dahingehaucht wurden:



FC Ingelsheim - Mavoclaupau4:3
Loddars Gedächtniself - Füwa Stars4:0
Los Autostopistas Galácticos - THW Kiel4:4
Rasenballsportverein Deutschland 014 - BSV Brandenburger Bananenflanker4:3
Fußballerinas - SV 09 Abseitsfalle3:3
Balladassdarayn Weimar - SV Flinke Füße6:4


Er hatte sich den letzten Tabellenstand leider genau in das Kommunistische Manifest geschrieben, das seine Freundin vor einer Stunde zu einem Trinkobjekt umfunktioniert hatte. Das kommt davon, wenn man nicht ständig eine funktionierende Tätowiernadel dabei hatte, um sie sich auf dem Arm zu notieren. "Und Tinte!" sagte Engels und bevor er sich wundern konnte, woher Engels seine Gedanken kannte, lies dieser eine haarsträubende Story von der Leine, in der vergessene Tätowiertinte, ein betrunkenes Kaninchen, drei rosafarbene Toaster und ein Best-Of-Album von Helene Fischer vorkamen, wenn auch nicht ganz in dieser Reihenfolge. Zum Glück unterbrach ihn Marx nach einer Weile etwas unsanft mit den Worten "Dubissssdran!" und stellte ihm ein neues Pitcher und ein zum Bersten gefülltes Mango-Turkey-Conchita-XXL-Burrito vor die Nase.

Und zum noch größeren Glück kam ihm der hauchende Bikini zu Hilfe und präsentierte mit freundlicher Unterstützung von Caipi-Your-Ass, dem ultimativen Caipirina-Trinkspiel der Trendster-Generation, die Abschlusstabelle. "Na klasse - Frauenquote sei Dank!" entfuhr es ihm, als er den FC Ingelsheim, einen Verein, den er nur nicht mochte, weil die Schwägerin seiner Großtante, deren Stiefcousins er auf den Tod nicht ausstehen konnte, bei einer Familienfeier einmal stolz ein Autogramm der Torjägerin auf dem linken Nasenflügel präsentierte, an der Spitze sah. Für Ingelsheim bedeutete das übrigens, dass der Verein das erste Mal in seiner jahrhundertelangen Geschichte den Eimer Caipirinha auf Ex trinken durfte. Marx und Engels schienen über den Sieg der Ingelsheimer begeisterter zu sein, weil sie laut grölend eine Extrarunde Pitcher erst aneianderschlugen und dann mit den zusammengeknoteten Händen(!) austranken. "Ingällschaaaaaim!!!" riefen sie nach Vollzug, so laut, dass ihre schwarz-rot-goldenen Cowboyhüte vibrierten.

Währenddessen wurde er von einem anderen Kneipengast zu My-Tai-Your-Tai herausgefordert, einem ziemlich komplizierten Trinkspiel, das zwei Mai Tais, ein Kommunistisches Manifest (oder einen Teil von Shades of Grey) und vier mittellange Salzstangen benötigte. Seit es im letzten Jahr in der Partyspiel-Beilage des Architekturmagazins vorgestellt wurde, erfreute es sich im Viertel größter Beliebtheit. Nach der Runde, die er übrigens gewann, sah er das Bikinioberteil im Fernsehen davon erzählen, dass die Neulinge von Rasenballsport Deutschland 014 dann doch mit vier Punkten Rückstand recht deutlich auf den zweiten Platz verwiesen wurden. Rang drei hatte wohl Balladassdarayn Weimar erzielt, und als Marx und Engels das hörten, waren sie anschließend eine Viertelstunde lang damit beschäftigt, den Namen in allen unmöglichen Verunstaltungen durch die Kneipe zu grölen und sich dabei totzulachen. Irgendwie entglitt ihm langsam die Situation.



"Donnergurgler auf Eis" schallte es ihm plötzlich aus Richtung Bar entgegen. Der Wirt hatte eine Saalrunde im Blick und angesichts seines Alkoholpegels, den die zweite Runde My-Tai-Your-Tai, diesmal gegen einen weitaus schwereren Gegner, nicht unbedingt gesenkt hatte, war er überrascht, wie schnell er den Grund der Runde verstand. Im Fernsehen war die Abschlusstabelle der Torjäger zu sehen und eine Kreatur namens Slartibartfaß und der gott-hab-ihn-selig Fürst Pückler teilten sich den ersten Platz. Deshalb fand es der Wirt wohl eine witzige Idee, Donnergurgler auf Eis zu servieren. Er hatte wohl noch nicht über die Folgen für sein Mobiliar nachgedacht, auf der anderen Seite war er aber auch kein Anfänger und hatte sicherlich schon seine zwei Türsteher-Schränke informiert, auf die beiden komischen älteren Herren mit den Burritos im Bart besonders Acht zu geben.

Offensichtlich hatte im fernen Rio de Janeiro ein gewisser Jerome Boateng im Finalspiel einer Weltmeisterschaft mehr Bälle zurück erobert als seine Teamkollegen. "Boatengzwölf - Hummelsneun - Schweinsteigeracht" dozierte Miss Caipirinha mit strengem Blick. Das bedeutete wohl für alle, die auf Boateng getippt hatten, drei Punkte - also genau genommen für Slartibartfaß - und für alle Schweini-Fans einen Trostpunkt. Der Donnergurgler auf Eis schmeckte gar nicht übel.

Slartibartfaß21
Fürst Pückler21
José Lucas Guillherme Luíz Gustavol Gol20
Roger Milla14
TorRalf14
Bambini12
Lotte Anstößig11
Jens Jensen9
Inge Ingelsen9
Klaus8
DiktaTOR5
Goalinho0


"Hätte nie gedacht, dass dieser Chosählukasgiiijermluuisgustavolgolll es doch nicht schafft!" wollte Marx an dieser Stelle nur angemerkt haben und Engels nickte dazu bedeutungsvoll mit dem Kopf. "Das ist ein Zeichen!" sagte er. "Selbst wer lange oben war, darf sich nicht zu sicher fühlen. Das Fußvolk scharrt mit den Hufen! Die Unterdrückten fordern Tribut! Jeder kann es schaffen! Es gibt keine natürliche Rangordnung! Proletaaaarier ..." - "Ist ja guuuut, Engels, ist ja guuuut!" sprach Marx in eindringlichem Ton auf ihn ein, während er ihn über den Kopf streichelte und ihm tief in die Augen blickte. Wie er die beiden so sah, musste er lächeln. Wer weiß, dachte er, vielleicht machen sie das ja doch irgendwann mit ihrer Revolution. Er wischte mit dem letzten Rest seines Kommunistischen Manifests das geschmolzene Eis von seinem Platz. Dann bestellte er sich noch einen Mai Tai, nahm die neueste Ausgabe des Architekturmagazins aus der Innentasche seiner Jacke und widmete sich voller Vorfreude der WM-Beilage.

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